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Philipp Jenzer, Lebensmittelinspektor

Philipp Jenzer (54) überprüft, ob in den Berner Tattoo-Studios sauber gearbeitet wird. Auch wenn der Lebensmittelinspektor dabei nicht immer auf offene Türen stösst, stellt er der Berner Tattoo-Szene gute Noten aus. 

«Morgens um 7 Uhr bin ich normalerweise bereits seit einer Stunde im Büro und bereite mich auf eine Inspektion vor. Ich kontrolliere hauptsächlich Milchwirtschaftsbetriebe und bin im Kanton Bern der Spezialist für Tattoo-Studios. Seit 2010 kontrolliert das Kantonale Laboratorium neben Restaurants, Industriebetrieben oder Bädern auch Tattoo-, Piercing- und Permanent-Make-up-Studios. Da ich selber tätowiert bin und einige Tätowierer kannte, fiel die Wahl als Kontrolleur damals auf mich. Heute sind wir zu zweit und kontrollieren jedes Jahr etwa 100 der rund 350 Tattoo-Studios im Kanton Bern.

Bei der Kontrolle von Tattoo-Studios geht es vereinfacht gesagt darum zu überprüfen, ob der hygienische Umgang eingehalten wird. Dabei werden stichprobenartig Dokumente, Maschinen oder Farben überprüft. Bei Farben achten wir insbesondere auf das Öffnungs- und Ablaufdatum. Auch hygienische Prozesse und Abläufe sowie die baulichen Voraussetzungen werden kontrolliert: Ist alles sauber? Weiss der Tätowierende, wie er sich verhalten muss, sollte ein Kunde oder eine Kundin bewusstlos werden? Gibt es Pflegehinweise für die Kundschaft oder eine Handwaschgelegenheit? Heikel sind vor allem Hygienemängel oder Farben mit krebserregenden Inhaltsstoffen, wie Nickel, Chrom oder Kobalt.

Das Hygiene- und Risikobewusstsein der Tätowierenden hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Durch den Einsatz von Einwegmaterialien gehören Probleme mit ungenügend sterilisierten Instrumenten der Vergangenheit an. Leider fehlt aber immer noch eine vorgeschriebene Ausbildung für Tätowierende. Dadurch kann sich jeder und jede relativ einfach und günstig mit den nötigen Utensilien ausstatten und loslegen. Sorge bereitet uns, wie beiläufig und sorglos sich einige gegenseitig tätowieren. Dabei werden mögliche Gesundheitsrisiken durch bedenkliche Inhaltsstoffe oder die Gefahr einer Infektion mit HIV oft nicht bedacht.

Im Gegensatz zu Kontrollen in Restaurants melden wir uns bei Tattoo-Studios regelmässig zur Kontrolle an. Ein Restaurant ist fast immer offen, doch ein Tätowierer arbeitet eventuell auch erst um 22 Uhr zu Hause in der Wohnung oder im Keller. Wenn wir Hinweise auf Verfehlungen haben, gehen wir natürlich unangemeldet vorbei. Der Aufwand bei unangemeldeten Kontrollen kann aber sehr gross werden. Ich erinnere mich an einen Fall, wo wir zehnmal angelaufen sind, bis wir die Kontrolle durchführen konnten, weil der Tätowierer uns nicht ins Haus reinlassen wollte. Dann hatten wir aber Glück, dass die Eingangstüre ins Haus offen war und wir direkt bei ihm an der Wohnungstüre klingeln konnten. Das hatte er nicht erwartet. Er hatte dann zwei Möglichkeiten: uns rein lassen oder eine Anzeige kassieren. 

Er hat sich dafür entschieden, uns unsere Arbeit machen zu lassen. Wir entdeckten zu unserer Überraschung nur kleinere Mängel. Die von uns beanstandeten Mängel hat er in der gesetzten Frist behoben.

Das ist meistens der Fall. Eine Schliessung von Tattoo-Studios ist äusserst selten. Insgesamt funktioniert die Zusammenarbeit mit den Betrieben sehr gut. Die professionellen Betreiber sind sich ihrer Verantwortung bewusst und handeln sehr gewissenhaft und sorgfältig. Tätowierer sind meist sehr umgängliche Typen. Sie sehen zwar oft aus wie Rocker, aber die meisten sind sehr angenehm.»

Aufgezeichnet von Lukas Reinhardt

Bilder: Sarah Balsiger, WEU

Veröffentlicht am 30. April 2024

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