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Wo die «Götter» im Kanton wohnen

Die Direktion für Inneres und Justiz (DIJ) hat eine digitale Religionslandkarte veröffentlicht. Die Karte macht die Vielfalt der Religionsgemeinschaften sichtbar und erleichtert dem Kanton den Aufbau von Beziehungen zu den privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaften.

«Ihr Kinderlein kommet, oh kommet doch all.
Zur Krippe her kommet in Bethlehems Stall
und seht, was in dieser hochheiligen Nacht
der Vater im Himmel für Freude uns macht.»

So und ähnlich klingt es derzeit in den Gassen. Es scheint, als ob alle Welt im Weihnachtsfieber ist. Doch Weihnachten ist in unseren Breitengraden ein unhinterfragtes gesellschaftliches Ereignis geworden. Es geht fast vergessen, dass Weihnachten ein christliches Fest ist und lediglich zwei Drittel der über 15-jährigen Bernerinnen und Berner einer der drei Landeskirchen angehören. Ein immer grösser werdender Teil der Bevölkerung hat andere – nicht christliche – religiöse Hintergründe.

Aufbau von Kontakten mit privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaften

Erstmals sichtbar wird die religiöse Vielfalt des Kantons durch die digitale Religionslandkarte, welche der Beauftragte für kirchliche und religiöse Angelegenheiten, David Leutwyler, gemeinsam mit seinem Team erstellt hat. Für den Kanton Bern sei die Karte ein erster Schritt, um mit den privatrechtlich organisierten Gemeinschaften Beziehungen aufzunehmen, sagt David Leutwyler. «So können wir der Religionsvielfalt gerechter werden und ihre Anliegen ernst nehmen. Auch buddhistische, hinduistische oder islamische Religionsgemeinschaften leisten wichtige Beiträge im gesamtgesellschaftlichen Interesse.» Gemeint sind Beiträge an eine solidarische Gemeinschaft, die Vermittlung grundlegender Werte oder die Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern in existenziellen Situationen.

Interaktive Karte zeigt über 20 verschiedene religiöse Traditionen an rund 640 Standorten

Die Religionslandkarte soll ein möglichst breites Bild der Berner Religionslandschaft vermitteln. Sie enthält die Versammlungsorte von Religionsgemeinschaften, die sich regelmässig zu Feiern und Ritualen ihrer Tradition und zu persönlichem Austausch treffen. Insgesamt sind es über 20 verschiedene religiöse Traditionen, die an rund 640 Standorten im Kanton Bern aktiv sind. Allein 330 Standorte davon können den öffentlich-rechtlich anerkannten Gemeinschaften, also der Evangelisch-reformierten, der Römisch-katholischen und der Christkatholischen Landeskirche (blaue und dunkelblaue Punkte), zugeordnet werden. Weiter zeigt die Karte über 300 Standorte von privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaften. Die grösste Gruppe bilden die hellblauen Punkte der Freikirchen (196 Standorte). Hinzu kommen buddhistische (22 Standorte), islamische (18 Standorte) und hinduistische (8 Standorte) Versammlungsorte, aber auch zwei Standorte von alevitischen Gemeinschaften sowie je ein Versammlungsort der Bahai und der Sikhs.

Wertschätzung für gesellschaftlich wichtige Leistungen

Die Resonanz auf das Projekt sei ausschliesslich positiv gewesen, so Leutwyler. «Ich behaupte: Die Karte hat wenige Lücken und die wenigen Lücken kennen wir.» Fehlen würden vor allem Gemeinschaften, die man zwar gefunden habe, aber von denen es keine oder noch keine Zustimmung zur Aufnahme in der Karte gebe. Insgesamt habe man bei den privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaften aber sehr offene Türen und Haltungen angetroffen. Mit der Kontaktaufnahme sei für die Religionsgemeinschaften auch ein Stück gesellschaftliche Anerkennung einhergegangen, betont Leutwyler. «Es geht dabei auch um eine Wertschätzung für die wichtigen, meist ehrenamtlich geleisteten Aufgaben, wie die Begleitung von Menschen in existenziellen Situationen. Wir sind deshalb auch vom Begriff ‹öffentlich-rechtlich nicht anerkannte Gemeinschaft› weggekommen und sprechen von privatrechtlich organisierten Gemeinschaften. Die Bezeichnung ‹nicht anerkannt› wurde von vielen nicht als juristischer Fachterminus wahrgenommen, sondern als Ausschluss – keine gute Grundlage, um neue Kontakte aufzubauen.»

Friedliches Zusammenleben fördern

Die neuen Kontakte sollen dazu dienen, staatliche Ungleichbehandlungen zwischen den Religionen zu erkennen und wo möglich zu reduzieren. So werde längerfristig das friedliche Zusammenleben gefördert, sagt Leutwyler. Dabei gehe es um Fragen wie: «Wie gehen wir auf dem Friedhof mit verschiedenen religiösen Bestattungsformen um? Wie geht man beim Sterbeprozess im Spital damit um, wenn jemand das Bedürfnis hat, dass eine Seelsorgerin oder ein Seelsorger der eigenen Religionsgemeinschaft vorbeikommen soll? Auf solche Fragen brauchen wir neue Antworten.» Die Karte könne sich aber auch auf die Raumplanung auswirken, ist Leutwyler überzeugt. Man müsse Zonen schaffen, die das Bedürfnis an Flächen für religiöse Bauten berücksichtigen. «Solche Dinge können längerfristig eine grosse Bedeutung für die Sichtbarkeit von Religion und Diversität haben.»

Weiterentwicklung der Religionslandkarte

Die Karte ist in Zusammenarbeit mit dem Amt für Geoinformation (AGI) erstellt worden und ist auf dem Geoportal des Kantons integriert. Dank der Integration beim AGI wird die Karte auch technisch weiterentwickelt werden, was ein Vorteil zu vergleichbaren Projekten in anderen Kantonen sei, freut sich Leutwyler. Dennoch müssten die Daten gepflegt und aktualisiert werden. Zudem möchte man einen Fragebogen ausarbeiten, der weitere Informationen der Gemeinschaften, wie beispielsweise die Gründungszeit, aber auch die Angebote der Gemeinschaften für ihre Mitglieder, erhebt. «Das sind wichtige Aspekte für uns, um ein besseres Bild der Religionslandschaft des Kantons Bern zu erhalten. 

Lukas Reinhardt

Beauftragter für kirchliche und religiöse Angelegenheiten

Der Beauftragte für kirchliche und religiöse Angelegenheiten David Leutwyler ist die Verbindungsstelle zwischen Landeskirchen und anderen Religionsgemeinschaften zu kantonalen Stellen.

Seine Hauptaufgaben sind:

  • die Pflege und Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen den kantonalen Stellen und den öffentlich-rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften, namentlich der Evangelisch-reformierten, der Römisch-katholischen und der Christkatholischen Landeskirche sowie den Jüdischen Gemeinden Bern und Biel;
  • der Aufbau und die Pflege der Beziehungen zwischen den kantonalen Stellen und den privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaften;
  • die Vorbereitung sämtlicher Geschäfte und der Gesetzgebung in kirchlichen und religiösen Angelegenheiten.

Der Beauftragte für kirchliche und religiöse Angelegenheiten ist der Direktion für Inneres und Justiz unterstellt. Er wird von drei Mitarbeitenden unterstützt.

www.bkra.dij.be.ch

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