
Das Schreckensgespenst «Energiekrise» macht derzeit die Runde, und die Frage steht im Raum: Haben wir in Zukunft genügend Strom und Energie zum Heizen? Die Verantwortung für die Energieversorgung liegt beim Bund, doch auch der Kanton ist schon lange aktiv und fördert mit seiner Energiestrategie die Energiewende und den Klimaschutz – weg von fossilen Energieträgern, hin zu erneuerbaren. Neben finanziellen Anreizen setzt der Kanton dabei auch auf Aufklärung und Sensibilisierung.
Der Kanton Bern muss bis 2050 klimaneutral werden. Dieses ambitionierte Ziel hat das Stimmvolk im letzten Herbst mit deutlichem «Ja» in die Verfassung geschrieben. Bereits 2006 hat der Regierungsrat eine Energiestrategie definiert, welche die Ziele der Energiepolitik im Kanton Bern festlegt. Langfristiges Ziel ist die 2000-Watt-Gesellschaft. Mittelfristig strebt der Kanton Bern bis 2035 die 4000-Watt-Gesellschaft an.
Die Umsetzung der Energiestrategie sei aber nur noch bedingt auf Kurs, bilanziert Ulrich Nyffenegger, Vorsteher des Amts für Umwelt und Energie. «Während einzelne Zwischenziele wie beispielsweise der Anteil an erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung oder im Bereich der Elektromobilität auf Kurs sind, hinken wir in den Bereichen Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien und der Energienutzung im Gebäudebereich hinterher. Und das, obwohl eigentlich die Technik und die Wirtschaftlichkeit bei erneuerbaren Energien keine Probleme mehr darstellen. Also liegt es vermutlich an der Information oder am Erfahrungsmangel. Deshalb haben wir die Energie- und Klimatalks ins Leben gerufen.»
Mit diesem Format soll eine möglichst breite Öffentlichkeit erreicht und ein Beitrag zur Umsetzung der Energiestrategie geleistet werden. «Wir wollen informieren und aufzeigen, welche Lösungen umsetzbar sind, und damit zum Handeln motivieren, denn wir müssen alle unsere Verantwortung wahrnehmen», sagt Nyffenegger. An den Talks zu Themen wie Heizungsersatz, Gebäudesanierung oder Photovoltaikanlagen schliessen Fachleute aus den unterschiedlichsten Bereichen Informationslücken und zeigen umsetzbare Lösungen auf, wie man einen Beitrag zur Umsetzung der Energiestrategie leisten kann. Die bisher elf ausgerichteten Energie- und Klimatalks in hybrider Form sind ein Erfolg und haben die Erwartungen mit über 2800 Teilnehmenden übertroffen.
Der Kanton als Vorbild
Der Kanton hat bei der Energiewende verschiedene Rollen. Er muss mit gutem Beispiel vorangehen, sagt Nyffenegger. «Wir versuchen Vorbild zu sein. Statt erst 2050, will die Verwaltung bereits 2035 klimaneutral sein. Wir wollen zeigen, dass das geht, wir sammeln Erfahrungen und geben diese weiter.» Erreicht werden soll die Klimaneutralität beispielsweise mit der Elektrifizierung der kantonalen Fahrzeugflotte oder dem Einhalten des Minergie-P-Eco-Standards bei Neubauten.
Anreize und Vorschriften
Darüber hinaus könne der Kanton mit verbesserten Rahmenbedingungen wichtige Anreize schaffen. Solaranlagen seien heute beispielsweise faktisch baubewilligungsfrei, sagt Nyffenegger. «Viele Dinge sind heute schon viel einfacher, als man glaubt. Wir geben auch finanzielle Anreize. Beispielsweise über Steuerabzüge für erneuerbare Energie oder effiziente Fahrzeuge. Mit unserem Förderprogramm für erneuerbare Energie und Energieeffizienz können wir allein dieses Jahr rund 100 Millionen Franken Zusicherungen an Private und KMUs geben. Das ist ein relativ starker Anreiz, um wirklich auch etwas umzusetzen.»
Allein mit Anreizen und guter Beratung sei die Energiewende aber nicht zu bewerkstelligen, räumt Nyffenegger ein. «Da, wo die Anreize nicht ausreichend sind, da, wo es zu wenig schnell vorwärtsgeht, müssen wir Vorschriften machen.» Mit dem kantonalen Energiegesetz hat dies der Grosse Rat dieses Jahr getan. Das einstimmig verabschiedete Gesetz regelt beispielsweise, dass nach einem Heizungsersatz künftig möglichst erneuerbare Energieträger verwendet werden und dass Gebäude, die nicht energieeffizient genug sind, nicht mehr fossil beheizt werden dürfen.
Informieren und Beraten
Damit die Energiewende gelinge, müsse man informieren, sagt Ulrich Nyffenegger. Es gebe zu viele Vorurteile und Falschinformationen im Bereich der erneuerbaren Energien oder der Elektromobilität. «Mit den Energie- und Klimatalks wollen wir dem entgegentreten. Wir wollen informieren und aufzeigen, welche Lösungen umsetzbar sind, und wir wollen damit zum Handeln motivieren. Denn wenn wir alle unsere Verantwortung wahrnehmen und das tun, was wir können – und es können alle etwas tun –, dann erreichen wir unser gemeinsames Ziel.»
Lukas Reinhardt
Energie- und Klimatalks
Für dieses Jahr sind noch drei Energie- und Klimatalks geplant. Die Teilnahme ist sowohl vor Ort als auch online möglich. Anmeldung Energie- und Klimatalk.
Datum, Thema, Ort:
- 20.09.2022, Nachhaltiges Bauen, Bern
- 18.10.2022, Wie werden Solaranlagen optimal integriert? Hofstetten bei Brienz
- 12.11.2022, Smart Home – Wo liegt der Nutzen? Bern
Referate und Videos der bisher durchgeführten Talks.