Es wird heisser. Doch wie verändert der Klimawandel die Temperaturen hier im Kanton Bern? Klimakarten des Kantons zeigen erstmals konkret die aktuelle und die zukünftige Hitzebelastung an jedem Ort im Kanton.

Der Klimawandel wird auch im Kanton Bern immer spürbarer. Künftig ist mit deutlich mehr Hitzewellen oder Trockenperioden zu rechnen. Problematisch ist dies nicht nur für die Landwirtschaft und Vegetation, sondern auch für besiedelte Gebiete. Denn versiegelte Flächen wie beispielsweise asphaltierte Strassen heizen sich tagsüber so stark auf, dass sie sich in der Nacht kaum mehr abkühlen, sagt der für die Klimakarten zuständige Projektleiter Thomas Rosenberg vom Amt für Umwelt und Energie. «Dies wirkt sich negativ auf die Lebensqualität und Gesundheit der Bevölkerung aus.» Deshalb hat der Kanton Bern zusammen mit der Stadt Bern die klimatische Situation heute und für 2060 in sogenannten Klimakarten modelliert. Die Karten decken das ganze Kantonsgebiet ab und unterstützen Städte und Gemeinden, das Thema Hitze in der Raumplanung zu berücksichtigen.
Viel mehr Tropennächte in 40 Jahren
Die Modellierung geht davon aus, dass die Städte im Kanton ab 2060 jährlich rund 40 Hitzetage, das sind Tage mit 30 Grad und mehr, zählen werden. Zum Vergleich: In den Jahren zwischen 1990 und 2020 waren es im Durchschnitt nur 9 Tage.
Die Klimakarten zeigen unter anderem den nächtlichen Wärmeinseleffekt – das heisst, wie viel heisser die Temperaturen auf Siedlungsflächen im Vergleich zu Grünflächen sind. Dabei ist augenfällig, dass die Nächte 2060 deutlich heisser werden, als wir es uns derzeit gewöhnt sind. «Doch nicht nur die drei grossen Städte Bern, Thun und Biel können in den Nächten weniger gut abkühlen, sondern auch mittelgrosse Gemeinden wie beispielsweise Langenthal oder Interlaken verändert das nächtliche Klima ungünstig», sagt Rosenberg.
Erkenntnisse vielseitig einsetzbar
Die Klimakarten liefern für Städte und Gemeinden eine wichtige Grundlage, um sich an den Klimawandel anzupassen. Sie zeigen auf detaillierter Massstabsebene, wo heutige und zukünftige Hitzeinseln und Ausgleichsräume liegen. Die Erkenntnisse sollen dazu führen, dass das Thema Hitze in der Raumplanung besser berücksichtigt wird. Konkret sollen künftig wichtige Durchlüftungsachsen durch geschickte Anordnung von Bauten möglichst nicht blockiert und klimawirksame Freiflächen erhalten und weiterentwickelt werden. Zudem sollen nächtliche Hitzeinseln mit Entsiegelungs- und Begrünungsmassnahmen bekämpft werden.
Der Einsatzbereich der Klimakarten beschränkt sich aber längst nicht nur auf die Raumplanung, sagt Projektleiter Rosenberg. «Das erste Amt, das die Klimakarten systematisch eingesetzt hat, war das Amt für Wald und Naturgefahren für die Modellierung der Waldentwicklung. Diesen Einsatzbereich hatten wir ursprünglich gar nicht auf dem Radar.» Rosenberg ist überzeugt, dass die Karten künftig auch im Gesundheitsbereich wichtige Informationen für vulnerable Personen liefern könnten.
Aufwändige Rechenarbeit
Um die Karten herstellen zu können, wurde ein besonders leistungsstarker Computer mit verschiedenen Klimamodellen und Daten zu Oberflächenbeschaffenheit, Hangneigung und Sonnenwinkel gefüttert. Der Datensatz sei so gross gewesen, dass man den Kanton in 35 Kacheln aufteilen musste, erklärt Rosenberg. «Für jede Kachel hat der Computer in einem Rechenzentrum in Finnland drei Wochen gerechnet.» Rosenberg ist überzeugt, dass durch den technischen Fortschritt die Berechnungen künftig weniger zeit- und kostenintensiv werden. Dies könnte mittelfristig auch eine noch höhere Auflösung als die heutigen zehn auf zehn Meter ermöglichen.
Behördenübergreifende Zusammenarbeit zahlt sich aus
Entwickelt wurden die Karten gemeinsam vom Amt für Umwelt und Energie, dem Amt für Gemeinden und Raumordnung und dem Amt für Geoinformation zusammen mit dem Berner Stadtplanungsamt und weiteren Amtsstellen der Stadt Bern. Die Zusammenarbeit mit so vielen unterschiedlichen Akteuren sei aussergewöhnlich und habe gut funktioniert, sagt Rosenberg. Er ist überzeugt davon, dass solche ämterübergreifenden Projekte künftig häufiger initiiert werden. «Wenn es um die Themen Klima, Klimaschutz und Klimaanpassung geht, wird dieses Zusammenarbeiten künftig noch wichtiger werden. Viele Themen machen nicht vor dem Amtseingang Halt.»
Lukas Reinhardt
Veröffentlicht am 30.11.2023