
Künstliche Intelligenz wird auch im Arbeitsalltag der Kantonsverwaltung immer wichtiger. Der Mensch und seine neue, intelligente Arbeitskollegin haben das Zeug, ein «Dreamteam» zu werden. Doch ihre Zusammenarbeit will erlernt sein.
Kaum je hat ein Kursangebot die Kantonsangestellten derart interessiert wie die Lernangebote zu Künstlicher Intelligenz (KI): In nicht einmal einer Woche haben sich 1100 Interessierte – fast 10 Prozent aller Mitarbeitenden - für die Lernangebote «Einführung in die Welt generativer KI» angemeldet oder sich auf die Warteliste setzen lassen. Das Personalamt musste Ende Februar, gleich nach Ausschreibung des Webinar-Angebots, die Kapazität erhöhen und hat mit zusätzlichen Angeboten reagiert.
Grundverständnis entwickeln
Die grosse Nachfrage nach Weiterbildungen im KI-Bereich zeigt: Die Kantonsangestellten wollen wissen, wie sie die neuen Tools verstehen und nutzen können. Und das ist auch gut so. Es sei wichtig, dass die Kantonsangestellten bereits jetzt im Umgang mit KI befähigt werden, sagt Stephan Wechlin, der beim Personalamt für die Organisation der KI-Weiterbildungen verantwortlich zeichnet. «Wir müssen ein Grundverständnis dafür bekommen, was KI kann und was nicht. Wir müssen lernen, ihr Potential für den eigenen Arbeitsbereich einschätzen können. Da hilft nur neugierig sein, lernen und ausprobieren.»
Kein Ersatz für Menschen
Stephan Wechlin sieht KI unter anderem als Chance, wie in der Kantonsverwaltung dem sich abzeichnenden Personalmangel entgegengewirkt werden könne: ein Blick in die Personalstatistik offenbare, dass in den nächsten 15 Jahren rund 38 Prozent der Kantonsangestellten pensioniert werden, dies entspreche fast 4000 Vollzeitstellen. Mit Blick auf den demographischen Wandel und den Fachkräftemangel werde es schwierig werden, diese Stellen vollumfänglich besetzen zu können. Da sei es sinnvoll, sich Unterstützung durch KI zu holen und dafür müsse man sich jetzt fit machen.
Klar sei aber auch: «KI wird keine Menschen ersetzen und ist auch kein Wundermittel.» Es gehe darum, sich von geeigneten Tools Unterstützung zu holen, das Überprüfen der Inhalte und andere Entscheide müsse aber immer der Mensch übernehmen und verantworten. Ausserdem werde KI uns dabei unterstützen, als Digitale Verwaltung effiziente und nutzerfreundliche E-Services anzubieten.
Ein «Dreamteam»
Das sieht auch Marcel Gygli so, der an der Berner Fachhochschule unter anderem für KI im öffentlichen Sektor zuständig ist und die Lernangebote für die bernischen Kantonsangestellten anbietet. KI habe mit menschlicher Intelligenz nichts zu tun. Sie könne aber grosse Datenmengen schnell und effizient verarbeiten – viel besser, als dies ein menschliches Hirn vermöge. Insofern bilden KI und Menschen zusammen ein «Dreamteam». Gygli sieht in einer Verwaltung, die viel mit Texten zu tun hat, sinnvolle KI-Anwendungsmöglichkeiten. Heute sei es so, dass viele Verwaltungsstellen unter dem steigenden Arbeitsvolumen ächzten. Da könne KI Abhilfe verschaffen. Etwa, indem sie Standardbriefe verfasst oder Protokolle niederschreibt. Gygli stellt aber auch klar: Es sind immer Vorschläge, die KI generiert. Am Schluss müsse stets ein Mensch die Inhalte der Texte kontrollieren und diese weiterbearbeiten. «Das wird sich noch eine Weile nicht anders regeln lassen», ist er überzeugt. Von KI verspricht er sich eine Effizienzsteigerung durch Automatisierung von alltäglichen und sich wiederholenden Prozessen. Mit der Zeit werden KI-Tools stark in Geschäftsapplikationen wie SAP, Word und andern Programmen integriert, erklärt er. Es sei sehr wichtig zu verstehen, was die KI-basierten Tools können – und was nicht. KI könne beispielsweise sehr gut aus Texten Informationen herausfiltern, sie könne aber schlecht neues Wissen generieren. Sie sei zudem nicht imstande, transparent darzustellen, warum sie auf ein konkretes Ergebnis gekommen sei.
Was darf ich, was nicht
Die Arbeit mit der neuen, intelligenten Kollegin hat also auch ihre Tücken. Ein besonderes Augenmerk sollten Kantonsangestellte auch darauflegen, welche Daten sie in KI-Tools eingeben. Die Kantonalen ICT-Weisungen für Kantonsmitarbeitende wurden deshalb im Juni 2023 mit einer Bestimmung zu KI ergänzt. Diese schreibt vor, dass in öffentlichen KI-Systemen wie etwa ChatGPT keine Informationen eingegeben werden dürfen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Verboten ist somit auch die Eingabe von Namen oder E-Mail-Adressen, von klassifizierten Informationen oder von solchen, die dem Amts- und Berufsgeheimnis unterstehen. Diese Informationen dürfen erst in KI-Tools erfasst werden, wenn diese von den kantonalen Behörden zur dienstlichen Nutzung freigegeben wurden, so wie beispielsweise DeepL Pro.
Die Geschäftsstelle Digitale Verwaltung und das Personalamt sind derzeit daran, ein KI-Merkblatt zu erarbeiten. Es soll Ende April erscheinen und nennt die zulässigen und nicht zulässigen Anwendungsfälle von KI. Informationen dazu folgen.
Text: Catherine Arber
Bild: Thibaut Muller
Veröffentlicht am 26.3.2024
Weiterführende Informationen
- «Der Umgang mit der Künstlichen Intelligenz», Digital News-Artikel der Geschäftsstelle Digitale Verwaltung (nur für Kantonsangestellte)
- KI-Weitbildungsangebot für Kantonsangestellte. Die Webinare werden aufgezeichnet und sind hier für alle abrufbar.
- Weisungen über den Umgang mit ICT in der Kantonsverwaltung , in Ziffer 6 finden sich die Bestimmungen zu KI (nur für Kantonsangestellte)