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Der Biber – wertvoller Verbündeter oder Störenfried?

Der europäische Biber ist ein nützlicher Verbündeter, da er die Rückkehr vieler Arten fördert. Manchmal aber macht er Landwirten und Kantonsarchäologen das Leben schwer.

Der Biber errichtet seinen Damm, indem er sorgfältig Äste und Stämme an der von ihm gewählten Stelle platziert. Neben dem Menschen ist der Biber das einzige Säugetier, das seine Umwelt willentlich verändern kann. Im 19. Jahrhundert war sein Überleben jedoch in höchstem Masse bedroht, da er wegen seines Pelzes gejagt wurde. Vor kurzem hat der für den Bereich Umwelt zuständige Bundesrat Albert Rösti eine Revision des Jagdgesetzes in die Vernehmlassung gegeben; diese betrifft auch den Biber.

Verdichtung an besiedelten Gewässern

Der Biber wurde ausgerottet, zwischen 1956 und 1978 wieder angesiedelt und ist heute in der Schweiz wieder weit verbreitet. Bei der letzten nationalen Zählung im Winter 2022 wurde die Gesamtpopulation auf 4900 Tiere geschätzt, dreimal so viel wie vor 15 Jahren, berichtet die Biberfachstelle von info fauna. Im Jahr 2022 gab es im Kanton Bern schätzungsweise 1200 aktive Biber. Die Population hat sich vor allem an den bereits besiedelten Gewässern verdichtet, insbesondere an den Entwässerungskanälen der alten Aare sowie an der Aare zwischen Bern und Thun: Die Population nimmt in allen Regionen weiter zu. Nur das untere Thurtal und das Seeland verzeichnen einen Rückgang der Wachstumsrate. In diesen Regionen zeichnet sich allmählich eine Sättigung der offenen Gewässer ab.

Ingenieure des Ökosystems

Dieses Nagetier übt einen wichtigen Einfluss auf seine Umgebung aus. «Die Hauptdämme, die der Biber baut, schützen durch den Anstieg des Wasserspiegels den Eingang zu seinen Wohnräumen und erfüllen somit eine lebenswichtige Funktion», sagt Karin Thüler, stellvertretende Jagdinspektorin des Kantons Bern.

Durch die Errichtung seiner Dämme schafft der Biber Teiche und Feuchtgebiete, erhöht den Grundwasserspiegel und begünstigt Nist- und Laichplätze anderer Tierarten. Der Biber spielt somit eine zentrale Rolle bei der Erhaltung der Biodiversität. Indem er den Lauf der Flüsse verlangsamt, ermöglicht er die Ablagerung von mehr Sedimenten, was das Wachstum von gewissen Wasserlebewesen fördert und eine Vielfalt von Insekten, Fischen und neuen Pflanzen anzieht. Mit seinen Gängen zur Höhle, die er in die Ufer gräbt, schafft er Bereiche, in die das Wasser eindringen kann, wodurch die strukturelle Vielfalt der aquatischen Ökosysteme erhöht wird.

Herausforderndes Zusammenleben

Obwohl die Anwesenheit des Bibers im Kanton Bern eine Bereicherung für das Ökosystem darstellt, können Frassschäden an Kulturen und Bäumen manchmal zu Interessenskonflikten führen. «Nachdem die Jungtiere im Alter von zwei Jahren ihre Familien verlassen haben, suchen sie für den Winter oft Zuflucht an kleinen Gewässern, wo sie Dämme errichten und Wohnhöhlen graben. Auf der Suche nach einem neuen Zuhause werden sie häufig mit menschlichen Aktivitäten konfrontiert, insbesondere mit landwirtschaftlichen Nutzungen», erklärt Karin Thüler.

Um diesen potenziellen Gefahren vorzubeugen, empfiehlt die Biberfachstelle von info fauna eine Reihe von einfach umzusetzenden Lösungen, wie etwa das Anpflanzen geeigneter Vegetation in der Nähe von Wasserläufen oder die vorübergehende Verringerung der Dammhöhe. Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen, die von geschützten Arten wie dem Biber verursacht werden, werden übrigens von Bund und Kantonen entschädigt. Jährlich werden gemäss der Biberfachstelle rund 100 000 Franken an Personen ausgezahlt, die einen Biberschaden erlitten haben.

Archäologische Stätte gefährdet

Der Biber übt vielerorts positiven Einfluss auf die Natur aus, indes verursachen die fleissigen Nager mancherorts auch Interessenskonflikte. Eine Biberfamilie machte in letzter Zeit etwa von sich reden, weil sie ihren Bau auf der grossen Insel im Inkwilersee an der Grenze zwischen Bern und Solothurn errichtet hat, unter der sich eine Pfahlbaustätte befindet, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Während Arbeiten am See stellte die Tauchequipe des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern im Sommer 2018 fest, dass von Bibern gegrabene Gänge eine wichtige Fundstelle aus der Jungsteinzeit und aus der Bronzezeit beschädigen. Im Bereich der Fundstelle stellen Biberbauten daher ein Problem bei der Erhaltung des Kulturerbes dar. Um die Stätte zu schützen, haben die Archäologischen Dienste der Kantone Bern und Solothurn in Zusammenarbeit mit den zuständigen Fachstellen beider Kantone und weiteren Akteuren ein Schutzkonzept ausgearbeitet. Dieses sieht vor, dass ein Nagetierschutzgitter auf dem Boden der Insel und über die Böschung bis auf den Seegrund verlegt wird, um zu verhindern, dass die Biber weitere Gänge durch die Fundstelle graben. «Der Bau der Biber wird natürlich vor der Installation des Gitters zurückgebaut. Zudem hat der zuständige Wildhüter bereits einen künstlichen Ersatzbau auf der kleinen Insel errichtet, damit die Biber eine Ausweichmöglichkeit haben», sagt Regine Stapfer, Leiterin des Ressorts Prähistorische und Unterwasserarchäologie des Kantons Bern. «Die Biberfamilie soll auch nach der Umsetzung der Schutzmassnahmen in ihrem Revier am Inkwilersee bleiben können.

Das Baubewilligungsgesuch ist noch hängig, insbesondere wegen Einwänden Privater, die sich um die Natur sorgen. «Derzeit nutzen die Biber weiterhin die bestehenden Gänge und graben neue, was die Erhaltung der Fundstelle weiter beeinträchtigt», sorgt sich die Archäologin. Das genaue Datum für die Umsetzung der Schutzmassnahmen ist noch nicht bekannt, es kann aber, unter Einhaltung der Schonzeiten, frühestens im Winter 2025/2026 realisiert werden.

Weitere Informationen über den Biber: Der Biber | info fauna

Text: Yvan Wildhaber
Bilder: Christof Angst, info fauna Biberfachstelle; Bernhard Ruchti; Yvan Wildhaber
Veröffentlicht am 30.4.2024

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