Logo Kanton Bern / Canton de BerneBEinfo - Personalmagazin der bernischen Kantonsverwaltung

Der heilige Hieronymus und die Technologie

Jeweils am 30. September – dem internationalen Tag des Übersetzens – gedenken Übersetzerinnen und Übersetzer des Todestages ihres Schutzpatrons, des heiligen Hieronymus. Ein willkommener Anlass, um über Sprache und sprachliche Hilfsmittel in der Kantonsverwaltung zu sprechen!

In der bernischen Kantonsverwaltung wird seit über 200 Jahren übersetzt: Der erste Übersetzer, Frédéric de Gingins-La Sarra, arbeitete von 1817 bis 1828 für die Staatskanzlei. Ende der 1980er-Jahre wurden in allen Direktionen professionelle Übersetzungsdienste eingerichtet, und der Zentrale Übersetzungsdienst der Staatskanzlei wurde zum Kompetenzzentrum für sprachliche Angelegenheiten. Diese Rolle wird seit einer internen Reorganisation 2021 von den Zentralen Sprachdiensten wahrgenommen. 1988 wurden die Richtlinien über die Übersetzung in der Zentralverwaltung erlassen (die 2009 durch die Richtlinien über die sprachlichen Dienstleistungen in der Zentralverwaltung des Kantons Bern ersetzt wurden). Im gleichen Jahr wurden die Übersetzerinnen und Übersetzer als erste Kantonsangestellte mit PC-Arbeitsplätzen ausgestattet, sodass sie ihre Übersetzungen nicht mehr diktieren oder mit der Schreibmaschine schreiben mussten, sondern direkt in der Textverarbeitung arbeiten konnten.

Unerlässliche Sprachtools

Bald darauf entstand die Terminologiedatenbank des Kantons Bern, LINGUA-PC (ausserhalb der Kantonsverwaltung: https://www.linguapc.apps.be.ch). Rund zwanzig Jahre später wurde das Translation-Memory-System MultiTrans eingeführt. Das neueste sprachliche Werkzeug, das verwaltungsweit eingeführt wurde, ist seit 2021 DeepL Pro, ein System für die maschinelle Übersetzung. Zudem wurden über die Jahre Lizenzen für mehrere Wörterbücher (nur übers Intranet verfügbar) erworben. Für die Sprachtechnologie ist der Zentrale Terminologiedienst zuständig.

Diese Tools sind unerlässlich für die Gewährleistung der Zweisprachigkeit im Kanton Bern und in der bernischen Kantonsverwaltung. Sie gehören auch zum modernen Übersetzerarbeitsplatz. Sprachtechnologie hilft beim Bewältigen von repetitiven Aufgaben und dient als Inspirationsquelle beim Verfassen von Texten. Die Leistungen dieser Tools sind faszinierend, und es ist daher sehr verlockend, die tägliche Arbeit Systemen für die maschinelle Übersetzung oder die KI-gestützte Textgenerierung zu delegieren.

Die Grenzen der Sprachtechnologie

Beim Verwenden von Sprachtechnologie muss man sich bewusst sein, dass die Vertraulichkeit der Daten, die Genauigkeit der Übersetzungen und die Richtigkeit der Terminologie immer einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen und sorgfältig überprüft werden müssen. Beispielsweise ist der «vice-chancelier» im Kanton Bern der «Vizestaatsschreiber» und nicht der «Vizekanzler», was die Software nicht unbedingt nachvollzieht. Zudem dürfen nichtöffentliche Daten nicht in frei zugängliche Internet-Tools eingegeben werden, denn sie könnten von Aussenstehenden gefunden oder weiterverarbeitet werden. Schliesslich ist zu beachten, dass sich ein maschinelles Übersetzungssystem nicht als Wörterbuch eignet, weil es nur ganze Sätze richtig verarbeiten kann.

Die Kenntnisse und Kompetenzen der Übersetzerinnen und Übersetzer sind daher unentbehrlich, um falsche Terminologie, ungenaue Übersetzungen und eigenartige Satzkonstruktionen zu erkennen und zu korrigieren – nicht nur in der Zielsprache, sondern bereits im Ausgangstext.

KI sinnvoll nutzen

Die Übersetzerinnen und Übersetzer haben sich seit jeher den technologischen Entwicklungen angepasst. Seit den 1950er-Jahren und der Einführung der Informatik, durch die nicht nur das Schreiben, sondern auch die Dokumentationsrecherche und die Beziehungen zwischen Übersetzer und Auftraggeber neu definiert wurden, wandelt sich das Berufsbild kontinuierlich. Die Künstliche Intelligenz hat in den letzten zehn Jahren grosse Fortschritte gemacht und gerade im Bereich der Sprache viele Neuerungen gebracht. Übersetzerinnen und Übersetzer gehörten zu den Ersten, die vom Aufkommen der Künstlichen Intelligenz betroffen waren. Sie verfügen somit über eine gewisse Erfahrung mit dieser Technologie und sind ob der Entwicklungen der letzten Monate im Bereich der KI-gestützten Textgenerierung nicht wirklich überrascht: Sie wissen, dass es darum geht, sich die Technologie zu eigen zu machen, sich für Veränderungen zu öffnen, die Art und Weise zu überdenken, wie man arbeitet, und zu lernen, diese neuen Technologien sinnvoll zu nutzen.

Text: Michele D’Auria und Donatella Pulitano

Veröffentlicht am 26.10.2023

Sprachtechnologie in der Kantonsverwaltung – Was ist was?

Terminologiedatenbank: Mehrsprachige Datenbank, in der Benennungen und ihre Entsprechungen sowie weitere Informationen systematisch gespeichert werden. Dadurch können Texte mit der für ein Fachgebiet korrekten Terminologie verfasst oder übersetzt werden. Für die bernische Kantonsverwaltung ist es LINGUA-PC (ausserhalb der Kantonsverwaltung: https://www.linguapc.apps.be.ch).

Translation-Memory-System: Software, die Texte in der Ausgangssprache und ihre Übersetzungen parallel speichert und es dann ermöglicht, bereits übersetzte Segmente und ihre Entsprechungen abzurufen, um schneller und einheitlicher zu übersetzen. Für die bernische Kantonsverwaltung ist es MultiTrans, ab 2024 Trados.

System für die maschinelle Übersetzung: Meist auf statistischen Methoden oder grossen Sprachmodellen («Large Language Models») basierende Software, die eine Übersetzung für einen Ausgangstext generiert. Für die bernische Kantonsverwaltung ist es DeepL Pro (Weisung beachten!).

System für die KI-gestützte Textgenerierung: Software, die mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) Texte erstellt, indem sie ermittelt, welche Wortfolgen am wahrscheinlichsten sind. Für die bernische Kantonsverwaltung sind zurzeit noch keine Tools freigegeben.

Seite teilen