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Topsharing: Der geteilte «Chefsessel»

Die Idee hinter Topsharing ist schnell erklärt: Eine Leitungsfunktion mit zwei Personen besetzen. Dabei teilt sich das Führungsduo nicht nur die Aufgaben, sondern trägt auch gemeinsam die Verantwortung. Noch ist das Modell Topsharing in der Kantonsverwaltung wenig verbreitet. Da aber Arbeitgebende und Arbeitnehmende gleichermassen davon profitieren können, wird Topsharing gezielt gefördert.

Teilzeitarbeit erfreut sich grosser Beliebtheit. Beruf und Familie lassen sich dank Teilzeitbeschäftigung besser vereinbaren. Doch in leitenden Positionen ist es oft nur begrenzt möglich, Teilzeit zu arbeiten. Hier setzt Topsharing an. Indem eine leitende Stelle von zwei Personen besetzt wird, können auch Teilzeitarbeitende Karriere machen. Der Kanton Bern hat das Potenzial dieses Modells erkannt und ermöglicht seit Anfang Jahr, eine Führungsfunktion mit 120 Stellenprozenten zu besetzen. Der Kanton anerkenne damit, dass dieses Modell zwar einen gewissen Mehraufwand (Kommunikation, Organisation, Abstimmung) mit sich bringe, gleichzeitig aber auch mit einem Mehrwert für den Arbeitgeber verbunden sei, sagen Anna Bäumlin und Andrea Schnyder. Sie haben seit Mai 2023 gemeinsam die Leitung des Rechtsamts in der Direktion für Inneres und Justiz inne.

Zwei Kompetenzen zum Preis von einer 

Topsharing bietet sowohl für Arbeitnehmende als auch für Arbeitgebende zahlreiche Vorteile. Für Arbeitnehmende ermöglicht es eine bessere Work-Life-Balance, da die reduzierte Arbeitszeit ihnen hilft, berufliche und private Verpflichtungen besser zu vereinbaren. Darüber hinaus eröffnet Topsharing Karrierechancen, indem es ermöglicht, Führungspositionen auch in Teilzeit zu übernehmen, was besonders für berufstätige Eltern attraktiv ist. Die gemeinsame Verantwortung und der ständige intensive Austausch mit der Partnerin biete gegenüber einer blossen Teilzeitanstellung einen klaren Mehrwert, sind die beiden Co-Leiterinnen des Rechtsamts überzeugt. 

Für Arbeitgebende steigert Topsharing die Attraktivität als moderner und familienfreundlicher Arbeitgeber, was die Mitarbeiterbindung und -gewinnung fördert. Zufriedene und ausgeglichene Führungskräfte sind zudem oft leistungsfähiger und kreativer, was zu einer höheren Produktivität führt. Die gemeinsame Führung erleichtert zudem die Vertretung bei Abwesenheiten und sorgt für Kontinuität. Schliesslich tragen die unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen der Führungskräfte zu besseren Entscheidungen und einer innovativeren Unternehmenskultur bei.

Gute Kommunikation und vorausschauende Planung

Topsharing geht im Vergleich zu konventionellen Führungsmodellen mit einem höheren Koordinationsaufwand einher. Regelmässige und effektive Kommunikation ist entscheidend, um sicherzustellen, dass beide Partner stets auf dem gleichen Stand sind und keine wichtigen Informationen verloren gehen. Dabei beschränke sich die Kommunikation aber nicht nur auf das Jobsharing-Team, sondern beinhalte auch die Kommunikation gegenüber der vorgesetzten Stelle, den Mitarbeitenden und Dritten, ist Andrea Schnyder überzeugt: «Es braucht eine klare und transparente Organisationsstruktur und es muss ohne weiteres klar sein, wer für welche Anliegen primäre Ansprechperson ist.» Damit einher gehe eine vorausschauende Planung, ergänzt Anna Bäumlin: «Die Organisation des Arbeitsalltags erfordert eine gewisse Verbindlichkeit und die Arbeitszeiten können nicht beliebig flexibel ausgestaltet werden. Ausserdem müssen gemeinsame Abwesenheiten wenn möglich vermieden werden, was eine vorausschauende Planung erfordert.»

Gegenseitiges Vertrauen als Grundvoraussetzung 

Sollten sich Topsharing-Partner ergänzen oder ähnliche Profile haben? Beide Modelle sind möglich. Ergänzende Fähigkeiten können bei einer gemeinsamen Bewerbung überzeugen, da der Nutzen für den Arbeitgeber klar erkennbar ist (z.B. Sprachkenntnisse, unterschiedliche Berufserfahrungen). Wichtig ist, dass beide Partner voneinander lernen. Die extrovertierte Person sollte nicht immer die rhetorischen Aufgaben übernehmen, sondern der anderen Person Raum geben, ihre Kompetenzen zu entwickeln. Hinzu komme ein weiterer Punkt, präzisiert Anna Bäumlin: «Jobsharing kann unseres Erachtens nur funktionieren, wenn die beiden Partnerinnen oder Partner gleiche Werte vertreten und eine zumindest ähnliche Auffassung zu Führungsstil und Art der Aufgabenerfüllung teilen.» Ausserdem müsse man sich auch auf persönlicher Ebene gut verstehen und respektieren, so Andrea Schnyder weiter. «Der Austausch ist sehr eng, man trägt ohne Vorbehalte mit, was die Partnerin oder der Partner entscheidet, unter Umständen auch ohne vorgängige Rücksprache. Dies bedingt ein gutes gegenseitiges Vertrauensverhältnis». Jobsharing-Teams sollten daher nicht «Zufalls-Partnerschaften» sein, sondern eine bewusst getroffene Wahl, sind die beiden Co-Leiterinnen des Rechtsamts überzeugt. 

Text: Lukas Reinhardt
Foto: Adrian Moser
Veröffentlicht am 15.8.2024

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