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Die Elektromobilität nimmt Fahrt auf

Jedes fünfte verkaufte Auto in der Schweiz war 2021 ein Steckerfahrzeug (Elektroauto oder Plug-in-Hybrid). Der Trend zu elektrisch betriebenen Fahrzeugen setzt sich damit unaufhaltsam fort. Doch wo steht der Kanton Bern bei der Elektrifizierung seiner Fahrzeugflotte, und wie wird sich die Mobilität damit verändern? Andreas Haruksteiner, Leiter Zentrale Beschaffungsstelle Mobilität des Kantons, gibt Antworten auf diese und weitere Fragen.

Andreas Haruksteiner, die Kantonsverwaltung ist mit ihren rund 1600 eingelösten Fahrzeugen einer der grössten Fahrzeugbetreiber im Kanton, doch wie sieht es mit der Elektrifizierung der Fahrzeugflotte aus?

 

Wir sind bereits weit, könnten aber noch weiter sein. Die Fahrzeugflotte der Verwaltung ist extrem breit aufgestellt und reicht vom E-Bike über normale PWs und Lastwagen bis hin zu Mähdreschern und Wasserwerfern. Bei PWs und Fahrzeugen bis 3,5 t sind von den rund 1000 Fahrzeugen aktuell bereits 80 Fahrzeuge vollelektrisch oder Plug-in-Hybridfahrzeuge. Aktuell sind wir in einer Testphase und prüfen unter anderem bei der Polizei, was geht bereits und wo sind die Grenzen der Elektromobilität? Wo brauchen wir die grössten Batterien für die Reichweite und wo reichen kleinere Batterien? Wie läuft es im Winter mit kalten Temperaturen? Was passiert mit der Reichweite bei hohen Geschwindigkeiten? Das alles sind Fragen, die wir derzeit im Praxistest klären.

Ist die Polizei der richtige Einsatzort, um die Elektromobilität zu testen? Bei einer Verfolgungsjagd sollte die Batterie des Autos nicht gleich schlappmachen …

Wir haben aktuell vier vollelektrische Streifenwagen bei der Polizei im Einsatz und sammeln unsere Erfahrungen damit. Es geht hier aber nicht nur um die Reichweite der Batterie, die wird je länger je weniger ein Thema sein, sondern auch um deren Gewicht. Die Einsatzfahrzeuge der Polizei sind mit vielen Utensilien bis unters Dach vollgestopft, hier haben wir durch die schweren Batterien ein Problem mit der Nutzlast. Aber nicht nur die Polizei stellt auf Elektromobilität um, auch die anderen Ämter in der Kantonsverwaltung sind daran. Meiner Meinung nach könnten bereits heute in 80 Prozent der Fälle problemlos Elektrofahrzeuge eingesetzt werden.

Von den 80 Prozent sind wir aber mit noch nicht mal 10 Prozent Elektroanteil beim kantonalen Fuhrpark aber noch weit entfernt. Woran liegt das?

Das hat mehrere Gründe. Neben der Technologie, die erst in den letzten beiden Jahren grosse Entwicklungsschritte gemacht hat, und Vorurteilen gegenüber der Elektromobilität ist die Umstellung auch massgeblich vom Ersatz der bestehenden Fahrzeuge abhängig. Diese haben im Schnitt eine Lebensdauer von sechs bis zehn Jahren. Die komplette Umstellung auf elektrisch wird vermutlich zwei Fahrzeuggenerationen – also rund zwölf Jahre – dauern.

Und wie bringen Sie die Vorurteile von mangelnder Reichweite, langen Ladezeiten und hohen Anschaffungskosten aus den Köpfen?

Die Vorurteile sind eines der Probleme. Die Technologie ist bereits heute breit einsetzbar und die Reichweite stellt nur noch bei wenigen Einsatzzwecken ein Problem dar. Es gibt heute Serienfahrzeuge, die Reichweiten von 500 Kilometern und mehr haben. Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren bis zu 1000 Kilometer möglich sein werden. Auch bei den Ladezeiten sind weitere Entwicklungsschritte absehbar.

Die Entwicklung geht also viel schneller, als viele glauben. Es ist aber noch viel Aufklärung nötig. Das ist auch ein Teil meiner Aufgabe: die Direktionen und Ämter bei der Beschaffung von E-Fahrzeugen zu motivieren und aufzuzeigen, dass E-Fahrzeuge für die meisten Einsatzbereiche die bessere Wahl sind. Die Mühlen müssen einfach noch etwas mahlen, bis sich diese Erkenntnis durchsetzen wird.

Die Entwicklung geht also klar in Richtung Elektromobilität.

Eindeutig. Der Tesla Model 3 war letztes Jahr in der Schweiz das meistverkaufte Fahrzeug; auch in unserem Fahrzeugkatalog haben zwei Drittel der Modelle einen alternativen Antrieb und nur noch ein Drittel der Wagen sind Verbrenner. Der Verbrennungsmotor ist auch aufgrund von politischen Vorgaben und Verboten am Ende seines Lebenszyklusses angelangt. Verschiedene Länder planen bereits Verbote für Neuzulassungen von Verbrennungsmotoren. Der Anteil der Elektrofahrzeuge wird weiter steigen. In zehn Jahren werden wir nur noch davon sprechen, wo wir kein elektrisches Fahrzeug einsetzen können. Der Grossteil der Flotte wird batterieelektrisch sein mit Wasserstoff als Ergänzung für Einsätze, wo das batterieelektrische Fahrzeug an Grenzen stösst. Es wird kein motorisiertes Fahrzeug geben, das günstiger ist als batterieelektrische Fahrzeuge. In den letzten zehn Jahren hatten wir einen Preiszerfall von 82 Prozent bei den Batterien. Aktuell sind Verbrenner und Elektrofahrzeuge bei den Gesamtkosten ungefähr gleich teuer, und in den nächsten Jahren wird die Batterie definitiv zur günstigsten Mobilitätsform.

Wenn man von Elektromobilität spricht, muss man auch von Lademöglichkeiten sprechen. Was unternimmt der Kanton, damit seine immer grösser werdende Elektroflotte geladen werden kann?

Ladestationen sind ein wichtiges Eckelement für die Umstellung zur Elektromobilität. Es gilt der Grundsatz: Pro Fahrzeug brauche ich eine Steckdose. Am Parkplatz, wo ein Auto steht, braucht es eine Lademöglichkeit. Beispielsweise beim neuen Polizeizentrum in Niederwangen wurde im Vorfeld evaluiert, wie viele E-Fahrzeuge es dereinst geben wird, und die nötigen Leitungen und Ladestationen wurden entsprechend geplant. Mangelnde Lademöglichkeiten sind mit ein Grund, weshalb die Elektromobilität erst langsam Fahrt aufnimmt. In blauen Zonen oder bei Aussenparkplätzen ist es noch schwierig oder sogar unmöglich, die Fahrzeuge zu laden. Aktuell sind vor allem Eigentümer und Einstellhallenplätze mit Ladestationen ausgestattet oder können gut nachgerüstet werden. Hier ist es auch Aufgabe des Kantons, die Gemeinden und Städte dabei zu unterstützen, Ladestationen für alle zugänglich zu machen.

Blicken wir in die Zukunft: Wie sieht die kantonale Fahrzeugflotte in den nächsten fünf bis zehn Jahren aus?

Die Fahrzeugflotte der Zukunft wird dekarbonisiert sein. Wir haben einen Verfassungsartikel, welcher die Verwaltung verpflichtet, bis ins Jahr 2050 klimaneutral zu sein. Und der Verkehr ist nach wie vor einer der grössten Emittenten von CO2. Da gibt es nichts anderes als Dekarbonisieren. Doch die Umstellung der Fahrzeugflotte braucht Zeit. In rund 15 Jahren werden wir aber bei Fahrzeugen bis 3,5 t fast ausschliesslich mit batterieelektrischen Fahrzeugen unterwegs sein. Denn dieser Antrieb wird günstig bleiben und noch günstiger werden. Aufgrund der deutlich höheren Kosten wird Wasserstoff eher bei schwereren Fahrzeugen im Bereich des Transports zum Thema werden. 

In der Fahrzeugstrategie des Kantons verpflichtet sich der Kanton nicht nur dazu, vermehrt auf Elektrofahrzeuge zu setzen, sondern auch die Mobilität nachhaltig auszurichten und somit möglichst wenig Verkehr und Ressourcenaufwand zu verursachen. Wie soll der Verkehr reduziert werden?

Die Förderung des Velos ist beispielsweise ein grosses Thema innerhalb der Verwaltung. Zu den 1600 Fahrzeugen des Kantons gehören rund 120 E-Bikes. Sie helfen massgeblich die Anzahl PWs in der Gesamtmenge zu reduzieren und damit den Ausstoss zu verringern. Am meisten E-Bikes sind derzeit bei der Kantonspolizei im Einsatz. Zudem haben wir einen Vertrag mit Publibike. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kantonsverwaltung haben mit diesen Velos zwischen Mai und September 2021 rund tausend Fahrten gemacht. Das ist eine eindrückliche Zahl!

Interview: Lukas Reinhardt 

 

 

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