Ein junger Mann verliert seine Lehrstelle, er ist am Abgrund. Er rappelt sich auf und sucht Hilfe beim Case Management Berufsbildung des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes. «Ohne diese Unterstützung wäre ich heute nicht da, wo ich bin», sagt der 19-Jährige.
«Ich habe eine sehr grosse Erfolgsgeschichte erlebt», schrieb Linda Caroni Anfang August in einer E-Mail an die «BEinfo»-Redaktion. Sie arbeitet als Case Managerin Berufsbildung beim Mittelschul- und Berufsbildungsamt des Kantons Bern. Ihre Freude war so gross, dass sie davon berichten wollte. In ihrem Arbeitsalltag hat es die Sozialarbeiterin mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Mehrfachproblematiken beim Übergang von der Schule in die Ausbildung und bis zum Lehrabschluss zu tun. Die Situationen sind nicht einfach, und es geht darum, zusammen mit dem Helfernetz dafür zu sorgen, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach der Schule eine Anschlusslösung finden und eine berufliche Grundbildung abschliessen können. Auf alle Fälle aber sollen sie nicht durch die Maschen fallen.
Unter Zeitdruck neuen Lehrbetrieb finden
Genau dies drohte Alemin Avmeti. Sein Lehrbetrieb hatte ihm ein halbes Jahr vor Abschluss seiner zweijährigen EBA-Lehre im Detailhandel den Vertrag gekündigt. Dies, weil der 19-Jährige aufgrund privater Probleme mehrere Wochen auf der Arbeit hatte fehlen müssen. Zu jener Zeit arbeitete er bei einem Grossverteiler. «Mir ging es sehr schlecht», erinnert sich Alemin Avmeti. Er habe sich zunächst beim RAV gemeldet, um einen neuen Lehrbetrieb zu finden, doch das habe ihm nicht weitergeholfen. Dem Lernenden war klar: Er musste innerhalb von drei Monaten einen neuen Lehrvertrag abgeschlossen haben, denn sonst hätte er die Berufsschule nicht weiter besuchen und den Lehrabschluss nicht machen können. Alemin Avmeti meldet sich von sich aus beim Case Management Berufsbildung. Er hatte bereits in der neunten Klasse, als es um die Suche nach einer Lehrstelle ging, von dort Unterstützung in Anspruch genommen.
Unterstützung in vielen Belangen
So begegnete er Linda Caroni. Sie war beeindruckt, wie initiativ er war und wie er sich ohne Hilfe seines Elternhauses aus dieser schwierigen Lage herausbegeben wollte. Zusammen analysierten sie seine Situation. Linda Caroni unterstützte den 19-Jährigen unter anderem beim Schreiben von Bewerbungen. «Sie gab mir die Rückmeldungen so, dass ich es verstand und besser machen konnte», erinnert sich Alemin Avmeti. Auch der Direktor der Berufsschule setzte sich dafür ein, dass sein Schüler einen neuen Lehrvertrag abschliessen konnte.
Doch das war nicht alles. Alemin Avmeti machte sich Sorgen, es in der Schule nicht zu schaffen. Er hat ein ausgeprägtes ADHS, weshalb er gezielte Lernstrategien entwickeln muss. Mit einer vom Case Management vermittelten Lerntherapeutin schaut er sich dies an. «Wir haben zusammen Ordnung in die Unterlagen gebracht und sie hat mir gezeigt, wie mein Hirn mit der Hilfe von verschiedenen Farben den Stoff besser aufnehmen kann – und wie mir das Lernen dadurch Freude bereitet», erzählt er. Mit der Lerntherapeutin ging er Schulstoff und mögliche Prüfungsaufgaben durch. Grosse Unterstützung bekam er auch von seiner engagierten Ausbildnerin.
«Momente, die den Job toll machen»
Und dann, ein paar Tage vor Ablauf der dreimonatigen Frist, war es so weit: Alemin Avmeti konnte einen neuen Lehrvertrag bei einem anderen Grossverteiler abschliessen. Innerhalb kurzer Zeit machte er den für den Betriebsalltag notwendigen Gabelstaplerausweis, er traf sich wöchentlich mit der Lerntherapeutin für die Aufarbeitung des Schulstoffs und die Vorbereitung auf das Qualifikationsverfahren und holte ausserdem betriebsinternes Wissen nach. Im Sommer 2023 schaffte er den Lehrabschluss – mit einer Gesamtnote von 4,8. Der Jugendliche ist mächtig stolz auf sich. Und Case Managerin Linda Caroni sagt: «Das sind Momente, die meinen Job wahnsinnig toll machen.»
«Ohne sie nicht da, wo ich heute bin»
Alemin Avmeti ist rückblickend sehr dankbar für die Unterstützung, die er erhielt. Dank seines Lehrabschlusses stehen ihm nun viele Türen offen. Wenn er sich an die schwierigen Wochen nach der Auflösung seines Lehrvertrages zurückerinnert, sagt er: «Das war damals meine letzte Chance. Es tat mir gut, Personen zu haben, die mich so toll unterstützt haben. Ohne sie wäre ich heute nicht da, wo ich bin.»
Text: Catherine Arber
Foto: Adrian Moser
Veröffentlicht am 26.10.2023
Mit Unterstützung zum Erfolg
Das Case Management Berufsbildung ist eine Dienstleistung des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes. Das Angebot richtet sich an Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr und junge Erwachsene bis zum 25. Altersjahr mit mehrfachen Schwierigkeiten, beispielsweise schwache Schulleistungen, ungenügende Motivation, zu wenig Unterstützung durch die Eltern, schwierige Situation zu Hause, gesundheitliche Probleme. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden von einer Fachperson individuell begleitet und unterstützt. Gemeinsam werden die nötigen Schritte definiert. Voraussetzung ist die Motivation, eine Ausbildung in Angriff zu nehmen. Ziel ist, dass die jungen Menschen eine Lehrstelle finden, eine Lehre erfolgreich abschliessen und somit den Einstieg ins Berufsleben schaffen. Die Begleitung ist freiwillig.
Alle Infos zum Angebot: www.be.ch/biz-casemanagement