Pieterlen, der Gemeinde mit den meisten Zuzügern

In welcher Berner Gemeinde ist die Bevölkerung in den letzten Jahren am meisten gewachsen? Im Kanton Bern leben immer mehr Menschen, ein besonders hohes Wachstum jedoch verzeichnet die Seeländer Gemeinde Pieterlen.

Wie verändert das Bevölkerungswachstum den Kanton Bern? Das «Bieler Tagblatt» ging dieser Frage nach und erstellte eine Liste der Berner Wachstumschampions. Unter den fünf Gemeinden, die seit Ende 2011 das höchste Wachstum verzeichnen, liegen vier im Seeland. Mit über 34 Prozent führt Pieterlen die Liste an. Innerhalb von kurzer Zeit hat die Bevölkerungszahl von Pieterlen von 3400 Einwohnerinnen und Einwohnern auf über 4900 Personen zugenommen. Zum Vergleich: Die Stadt Bern kommt lediglich auf 3,7 Prozent Wachstum, der kantonale Schnitt liegt bei 5,2 Prozent. Ein Grund für das schnelle Wachstum ist laut der «BZ», dass Pieterlen viel Bauland eingezont hat.

Doch es gibt noch einen weiteren Grund, warum die Menschen nach Pieterlen ziehen: Die Gemeinde zwischen Biel und Solothurn ist verkehrstechnisch gut erschlossen. Sie liegt am Südfuss des Berner Juras, umsäumt von Feldern, Felsen und Wald. Pieterlen als Wohnort war schon lange vor unserer Zeit beliebt: Bereits vor mehr als 5000 Jahren besiedelten Menschen das Gebiet. Das bezeugen archäologische Funde in den Dorfteilen «Schlangern» und «Leimern».

Für Geschichtsfans hat Pieterlen einiges zu bieten: eine Kirche romanischen Ursprungs, eine alte Landstrasse und einen künstlichen Erdhügel aus dem Mittelalter. Auf Letzterem stand einst eine Burg. Schriftliche Zeugnisse belegen einen Freiherrn von Pieterlen, der im Hochmittelalter (10.–13. Jh.), hinter Gräben und Palisaden, auf seiner aus Holz und Erde errichteten Burg residierte. Allzu komfortabel mag das Leben in dieser Burg nicht gewesen sein, insbesondere im Winter. Viele Landadlige wanderten wohl auch deswegen im ausgehenden Hochmittelalter in die Städte ab. Sie verliessen ihre Holzburgen, bevor der Bau in Stein üblich wurde. Die ältesten erhaltenen Siegel des Adelgeschlechts von Pieterlen stammen aus dem Jahr 1273. Auf den Siegeln ist ein aufrecht gehender Löwe zu sehen, welcher heute das Gemeindewappen ziert.

In den gut erhaltenen Gebäuden aus dem 17. Jahrhundert entlang der alten Landstrasse sticht besonders das «Haus zum Himmel» ins Auge. Das Haus ist ein eindrücklicher und stummer Zeitzeuge aus der Zeit von Napoleon. Man nimmt an, dass dort 1798 französische Truppen und Offiziere stationiert waren. Sie sammelten sich vor dem Angriff auf Bern. Damals lebten nur ein paar hundert Menschen in Pieterlen, aus einem kleinen Dorf ist also ein grosses geworden. Ohne Holzburgen, dafür mit viel Charme.

Text: Salome Heiniger
Illustration: Thibaut Muller

Veröffentlicht am 27.4.2023